Tiefbauamt hat Verkehrsversuch gestartet
Düren. Der „Radverkehr in der Aachener Straße soll sicherer werden“ heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt Düren vom 22. Oktober:
„Nicht zuletzt der tragische Unfalltod eines Radfahrers im Frühjahr 2019 hat die öffentliche Diskussion über die derzeitige Führung der Fahrradschutzstreifen in der Aachener Straße intensiviert. Nach Auswertung der Unfallergebnisse und in Rücksprache mit der zuständigen Unfallkommission wurden jetzt vom städtischen Amt für Tiefbau und Grünflächen Alternativen für eine sicherere Radverkehrsinfrastruktur in diesem Bereich entwickelt. (…)“
ProRad unterstützt ausdrücklich das Bestreben, die Aachener Straße endlich sicherer zu machen. Daher haben wir dem „Verkehrsausschuss“ (damals Verkehrs- und Bauauschuss (VKB), heute Mobilitäts- und Klimaschutzausschuss (MUK)) bereits vor zweieinhalb Jahren (13. Juni 2019) eine Stellungnahme geschickt, in der wir unsere Positionen verdeutlicht und erneut auf den dringenden Handlungsbedarf bei der Aachener Straße hingewiesen haben. Außerdem haben wir wiederholt angeboten, bei Bedarf gerne als Gesprächspartner zur Verfügung zu stehen.
Anlässlich des Todestages des 17-jährigen Radfahrers, veröffentlichten wir vor knapp anderthalb Jahren eine Sonderseite, auf der wir unsere Forderung nach einer sicheren Infrastruktur, die diesen Namen auch verdient, erneuerten. Ebenso erneuerten wir unsere Forderung danach, uns an der Unfallkommission beteiligen zu dürfen.
ProRad möchte informiert und eingebunden werden
Leider wurde weder unser Gesprächsangebot noch unsere Bitte um Aufnahme in die Unfallkommission erhört. Wir wurden durch die städtische Pressemitteilung und den Bericht in der Lokalzeitung (23. Oktober) überrascht. Wenig später, am 27. Oktober, wurde der Verkehrs-Versuch gestartet. Sehr gerne hätten wir etwas davon im Vorfeld mitbekommen und vielleicht sogar ein wenig mitgedacht.
Die anfänglich positive Stimmung darüber, dass sich etwas in der Sache Aachener Straße bewegt, ist inzwischen weitgehender Ernüchterung gewichen, nachdem wir den „Verkehrs-Versuch“ selbst testen konnten.
Wir können keine „Alternativen für eine sicherere Radverkehrsinfrastruktur“, erkennen, die das Tiefbauamt nun für die Aachener Straße entwickelt hat.
Stattdessen werfen sich Fragen beim Blick auf den aktuellen Verkehrs-Versuch auf.
1. Sicherheit oder Leistungsfähigkeit?
Die Stadt Düren beauftragte für die Aachener Straße eine Verkehrszählung samt Computersimulation. Im Ergebnis zeigt diese, dass der Pkw-Verkehr durch den Wegfall der „Pkw-Spuren“ nicht maßgeblich negativ beeinflusst wird.
Das bewerten wir als außerordentlich positiv.
Wenn dies sogar an der viel befahrenen Aachener Straße feststellbar ist, sollten auch gute Potenziale für die Umwidmung weiterer Verkehrsflächen erkennbar sein.
Allerdings:
Ist nicht die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer als oberste Planungs-Priorität vorauszusetzen? (Straßenverkehrsordnung, Klimaschutzteilkonzept, Modal Split)
Werden bei den reinen Verkehrszählungs-Daten auch Sicherheitsaspekte erfasst und mit evaluiert ?
D.h. Erfassung der Überholabstände, des Falschparkens, des Gehweg-Fahrens sowie anderer üblicher Verstöße innerhalb der Teststrecke.
2. Separierter Radweg?
In der Zeitung vom 23.10. lesen wir:
„Zwischen Johannisbrücke und Annakirmesplatz wird eine andere Lösung getestet: In diesem Abschnitt soll der Radweg zwischen Bürgersteig und Parkstreifen verlaufen, so dass Radfahrer gar nicht mehr in Kontakt mit dem fließenden Auto- und Lkw-Verkehr kommen können.“
Dazu hätten die Parkflächen nach links auf die Fahrbahn verschoben werden müssen. Am 2. November ist davon noch nichts zu sehen. Bisher findet der Test augenscheinlich nur auf dem Teilstück zwischen Annakirmes-Platz und Polizei statt.
Kommt der zweite Test-Abschnitt mit separiertem Radweg später noch dazu?
3. Streckenführung für Radfahrende
Stadteinwärts hinter dem Annakirmes-Platz wird die Straße durch ein Spalier aus Baken aufgeteilt und der motorisierte Verkehr soll sich zu Beginn der Teilung einordnen. Linksabbiegende Pkw sollen bereits hier die Spur nach links wechseln. Weitere Hinweisschilder sind nicht vorhanden.
Fahrradfahrende sollen offensichtlich jedoch weiter geradeaus auf dem Schutzstreifen bleiben und sich dann auf halber Höhe des Baken-Spaliers, dort wo der rot eingefärbte Linksabbieger-Schutzstreifen beginnt, nach links einfädeln. Der einzige Hinweis auf diese Streckenführung befindet sich in Form eines gelben Fahrrad-Piktogramms hinter einem der Baken – weit hinter der ersten „Aufforderung“ sich für eine Spur zu entscheiden.
Der Spurwechsel vom rechten hinüber auf den linken Schutzstreifen gestaltet sich nun noch schwieriger, da die passende Lücke gefunden werden muss. Besonders bei Pkw-Rückstau vor der Ampel und bei viel Pkw- und Lkw-Verkehr.
Wir sehen in dieser Verkehrsführung keine erhöhte Sicherheit für Radfahrende. Uns fehlt auch die Markierung „deutlich breiterer Radwege“, von der wir in der Zeitung gelesen haben. Der Schutzstreifen ist gleich geblieben und aufgrund der Verengung durch die Test-Baken für Radfahrende noch gefährlicher geworden. Pkw können den Mindestüberholabstand gar nicht einhalten und müssten theoretisch hinter den Radfahrenden bleiben – was jedoch viel zu selten passiert, wie die täglichen Erfahrungen zeigen.
Innerhalb der Test-Strecke mussten wir wieder diverse Verkehrsverstöße durch KFZ-Fahrende beobachten. Durchgezogene Linien, Abstände beim Überholen, absolute Halteverbote und Schutzstreifen sind daher Themen, die aus unserer Sicht unbedingt bei diesem Verkehrs-Versuch mit in den Blick genommen werden müssen.
Inwiefern kann davon ausgegangen werden, dass diese Streckenführung einen Sicherheitsgewinn gegenüber der vorherigen Führung bringen wird?
Grundsätzlich freuen wir uns darüber, dass das Tiefbauamt offenbar vorsieht, dass die Parkbuchten in Richtung Fahrbahn verschoben werden sollen. Denn bisher sieht die Verwaltung dies wegen der schlechteren Sichtbeziehungen kritisch, wie wir in Sachen Planung Veldener Straße (in der wir einbezogen waren) feststellen konnten.
Der große Vorteil ist: Automatische physikalische Trennung vom Autoverkehr.
Für die Monschauer Straße wünschen wir uns ebenfalls eine Verschiebung der Parkbereiche vom ehemaligen Radweg(!) auf die Fahrbahn. Eine Sanierung der Radwege ist jedoch dringend notwendig. Bitte als Gesamtkonzept angehen!
4. Transparenz, Beteiligung?
Wurden die Pläne der Verwaltung irgendwo veröffentlicht? Welchen Weg ist die Planung bisher durch „die Gremien“ gegangen? Das Ratsinformationssystem ist diesbezüglich nicht besonders hilfreich.
Der für den 3. November geplante Mobilitäts- und Klimaschutzausschuss, in dem mündlich über den Versuch berichtet werden sollte, musste krankheitsbedingt abgesagt werden. Nun wird das Thema offensichtlich auf die nächste Sitzung verschoben. Diese findet jedoch erst Anfang Februar 2022 statt.
Wie sieht die Fortführung der Planung aus, bevor „diese Lösung im kommenden Frühjahr dauerhaft umgesetzt werden“ (Lokalzeitung vom 23.10.) könnte?