Offener Brief zum Verkehrsversuch

Betreff: EILT: Stellungnahme zum geplanten Verkehrsversuch Veldener Straße / August Klotz Straße
Datum: Wed, 14 Feb 2024 22:04:18 +0100
Von: Jens Veith <veith@prorad-dn.de>
An: spdfraktion-dueren@web.de, ratsfraktion@gruene-dueren.de, Fraktion@BF-dueren.de, BFDfraktion@web.de

Stellungnahme von ProRad Düren und ADFC Aachen/Düren e.V

Zum Verkehrsversuch zur Verlängerung der “Protected Bike Lane” (Bürgerantrag) 

Sehr geehrte Mitglieder der “Koalition Zukunft Düren”, 

bevor wir unser Anliegen vortragen, möchten wir zunächst zitieren: 

  • Wir wollen den Stadtraum zukunftsgerecht neu verteilen. Fußgänger*innen und Radfahrer*innen brauchen mehr Raum.
     
  • Daher ist für uns der Ausbau des Radwegenetzes wichtig. 

  • Aber auch die Sicherheit der Fußgänger*innen sind für uns oben auf der Agenda. 

  • Ein zurzeit erarbeitetes Gutachten zur fahrradfreundlichen Stadt soll für uns Maßstab neuer Maßnahmen sein. Das Klimaschutzteilkonzept wird konsequent von uns umgesetzt. 

  • Wir streben in den nächsten drei Jahren an, Fahrradfreundliche Stadt Düren zu werden. 

  • Alle vierspurigen und überbreiten Straßen sollen auf zwei Fahrspuren für den motorisierten Verkehr für sichere Fahrradwege zurückgebaut werden. 

  • Die Achse August-Klotz Straße bis Birkesdorf, die Stürtzstraße und die alte B56 werden zuerst in Angriff genommen.” 

So beginnt das Kapitel “Mobilität” des aktuellen Koalitionsvertrags “Zukunft Düren 2020-2025”. 

Leider müssen wir feststellen, dass  

  1. die zukunftsgerechte Neuverteilung des Stadtraums nur sehr schleppend voran kommt und nur punktuell ohne ganzheitliches Konzept umgesetzt wurde/wird, 
  2. das Radwegenetz bisher nicht zielführend ausgebaut wurde und stattdessen fast ausschließlich sogenannte “Schutzstreifen” angelegt wurden, die oftmals noch nicht mal den Mindest-Qualitätsstandards genügen

  3. das Gutachten zur fahrradfreundlichen Stadt (Rad-Vorrangrouten-Konzept?) nicht der Maßstab neuer Maßnahmen ist, sondern dass bereits bei der ersten Planung an der Valencienner Straße die Qualitätskriterien für Rad- und Fußwege zugunsten von Pkw-Parkplätzen missachtet wurden – entgegen der Planung des Fachamts, 

  1. das Klimaschutzteilkonzept (und dessen Ziele inkl. Evaluation) eher konsequent ignoriert als umgesetzt wurden und werden, 

  1. es bis heute weder eine Fahrradstraße in Düren gibt, noch die im Klimaschutzteilkonzept hervorgehobenen Radschnellwege irgendeine Rolle in der lokalen Verkehrspolitik spielen, 

  1. wir (u.a. deshalb und vollkommen zurecht) noch keine “Fahrradfreundliche Stadt” sind und es voraussichtlich auch nicht innerhalb der Legislatur werden können (und sollten), da noch nicht mal die zentrale Frage nach dem Modal Split bzw. Modal Shift in Düren beantwortet werden kann oder überhaupt von verkehrspolitischem Interesse ist, 

  1. bisher allein auf der Schoellerstraße/Euskirchener Straße eine Fahrbahn provisorisch auf zwei Fahrspuren reduziert wurde – ohne den eigentlichen Zustand des Radwegs/Gehwegs Schoellerstraße zu verbessern, 

  1. die Achse Polizei- bis Kino-Kreuzung für Radfahrende diverse Gefahren birgt, die nach Ende der Sperrung offenbar sogar wieder hergestellt werden sollen. 

Der letztgenannte Punkt 8. bringt uns zum eigentlichen Anliegen dieses Schreibens:  

Wir fordern einen (provisorischen) geschützten Radstreifen, der mit Wieder-Eröffnung der Baustelle Kino-Kreuzung freigegeben und stadteinwärts bis zur Polizei-Kreuzung August-Klotz-Straße/Aachener Straße fortgeführt wird.

Zeitraum: Mindestens bis ausreichend Daten für eine angemessene Evaluation vorliegen, höchstens (und wünschenswert bzw. sinnvoll) bis zu Beginn des eigentlichen Umbaus der genannten Straßenabschnitte. 

Nun haben wir erfahren, dass die Wiedereröffnung schon am Donnerstagabend 15.2. stattfinden soll:
Zitat aus der Pressemeldung der Stadt Düren: 

Die Veldener Straße wird zunächst provisorisch wieder markiert, genauso wie die Protected Bike Lanes, die geschützten Radfahrstreifen, die in beide Fahrtrichtungen an die jeweilige Fahrspur angrenzen. Voraussichtlich im April oder Mai soll dann auch die tatsächliche bauliche Trennung erfolgen und die endgültige Markierung der Straße aufgebracht werden, erklärt Benjamin Savelsberg, Leiter der Dürener Stadtentwässerung und des Tiefbauamtes: „Die Protected Bike Lanes geben den Radfahrerinnen und Radfahrern aber auch den Autofahrerinnen und –fahrern ein sicheres Gefühl. Der Bereich ist für alle Verkehrsteil-nehmerinnen und –teilnehmer deutlich aufgewertet worden.“ 

Hier ist Eile geboten, dass die Gelbmarkierungen weiter in die August Klotz Straße verlängert werden und die 2. Linksabbiegerspur von der Fritz-Erler Straße auf die Veldener Straße verschwindet, damit dort schon einspurig eingefahren wird! 

Begründung zum beantragten Verkehrsversuch 

Nicht zuletzt nutzen unzählige (ungezählte!) Schülerinnen und Schüler diese Strecke tagtäglich, um zur Schule zu kommen. Für sie und alle anderen, die heute schon (und nach Zielen der Koalition zukünftig vermehrt) mit dem Fahrrad unterwegs sind, gibt es bis heute keine sichere Radverkehrsverbindung zwischen dem größten Dürener Stadtteil und der Innenstadt.  

Sowohl die Strecke über Alte/Neue Jülicher Str./Josef-Schregel-Str. als auch die über Veldener Str./Philippstr./August-Klotz-Str. sind “fahrradinfratsrukturelles Niemandsland”, wie der Antragsteller zu Recht bei der Begründung des Antrags im Bürgerausschuss bemerkte. Diese Umstände darf eine Stadt, die sich demnächst “fahrradfreundlich” nennen will, die sich der Vision Zero verpflichtet fühlt und die es sich zum Ziel gesetzt hat, den Radverkehrsanteil gegenüber dem motorisierten Individualverkehrsanteil deutlich zu erhöhen, nicht tolerieren!  

Neben der realen Gefahr für Leib und Leben weisen wir darauf hin, dass der geplante geschützte Radstreifen zwischen Birkesdorf und Kino-Kreuzung (bei allen Beteiligten) auf wenig Akzeptanz stoßen wird, wenn er seine Funktion einer sicheren Verbindung in die Innenstadt nicht erfüllt – und deshalb nicht wie erwünscht genutzt wird. 

Wir fragen Sie: Würden Sie ihr 11-jähriges Kind mit gutem Gewissen alleine mit dem Fahrrad auf den genannten Strecken zur Schule fahren lassen? 

Aus der Zeitung erfuhren wir (und der Antragsteller) davon, dass ein “einwöchiger Verkehrsversuch” zeigen soll, ob die (provisorische) Verlängerung der “Protected Bike Lane” möglich ist. In Frage gestellt wird das durch die Bemerkung, dass dies mit Blick auf das hohe Fahrzeugaufkommen (gemeint sind wohl ausschließlich Pkw) schwierig sein könnte. Angesichts des Umstands, dass dort seit der Sperrung gar keine Pkw fahren konnten, teilen wir diese Sorge nicht. 

Im Gegenteil weisen wir darauf hin, dass sich eben aus diesem Grund gerade die Chance ergibt, dass aktuell ohnehin niedrigere MIV-Aufkommen nicht erst wieder anschwellen zu lassen, sondern auf geringerem Niveau zu stabilisieren – bis der eigentliche (auch Kanalschaden-bedingte) Umbau stattfindet.  

Aus unserer Sicht wäre es fatal und kontraproduktiv, den Autofahrenden erst wieder den alten (von der Koalition nicht mehr gewünschten) Raum zurückzugeben, um ihn dann in (naher?) Zukunft doch wieder umzuwidmen. Soll erst wieder ein Rück-Gewöhnungseffekt provoziert werden, um diesem zukünftig wieder entgegen treten zu müssen? Wir meinen, das ist gar nicht nötig.  

Push & Pull muss die Devise heißen, wenn das Ziel wirklich heißt, mehr Menschen in der “Stadt der kurzen Wege” dazu zu motivieren, mehr mit dem Rad und zu Fuß unterwegs zu sein! Daher sollte das Provisorium direkt mit der Wiedereröffnung der Straßen eingerichtet werden.  

Wir möchten abschließend die Stellungnahme der Verwaltung kommentieren, die den Antrag zur Verlängerung des geschützten Radstreifens mit folgender Begründung ablehnt: 

Die in Frage stehenden Abschnitte seien keine ausgewiesenen Rad-Vorrangrouten im städtischen Rad-Vorrangrouten-Konzept. In den “nächsten Jahren” würden außer den Rad-Vorrangrouten keinerlei weitere Maßnahmen auch nur geprüft – geschweige denn umgesetzt! 

Dass die fraglichen Abschnitte nicht als Rad-Vorrangroute definiert wurden, ist aus unserer Sicht vollkommen irrelevant und kein Argument gegen eine Verlängerung des geschützten Radstreifens. Wir gehen davon aus, dass alle Straßen und Wege für alle Verkehrsteilnehmenden möglichst sicher und “gleichberechtigt” zu gestalten sind, nicht nur bestimmte Bereiche für bestimmte Verkehrsarten.  

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat sagt dazu:  

Planerinnen und Planer wissen seit langem, dass Straßenquerschnitte nach dem Grundsatz „von außen nach innen” geplant werden müssen. Zuerst kommen also die Bedürfnisse des Fuß- und Radverkehrs. Die Praxis folgt noch allzu oft dem umgekehrten Weg, erst die Breitenmaße für den KFZ-Verkehr festzulegen.

In den offiziellen Richtlinien heißt es dazu:

Die Belange des ÖV, Rad- und Fußverkehrs sind generell gegenüber den Belangen des fließenden und ruhenden Kfz-Verkehrs zu priorisieren.” 

Die Aussage, dass “weitergehende Maßnahmen im Basis-Radverkehrsnetz, d.h. in den übrigen Straßen, erst nach Abarbeitung des Konzeptes wieder geprüft” werden, irritiert uns sehr. Was heißt das genau? Wann ist mit dem Ende der Abarbeitung des RVR-Konzeptes zu rechnen und wird es bis dahin keine weiteren Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs geben – noch nicht mal zur Prüfung? Wir können nicht glauben, dass das politische Beschlusslage ist und bitten um Ihre Stellungnahme zur Stellungnahme der Verwaltung. 

Um nun wirklich zum Schluss dieses Schreibens zu kommen, verweisen wir auch an dieser Stelle noch einmal auf den nicht zuletzt beim Forum Politik 2019 von Ihnen angekündigten “Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik” und auf aktuelle Konzepte und Gesetze, deren Umsetzung wir fordern.  

Mit fahrradfreundichen Grüßen 

i.A. Jens Veith,

für ProRad Düren und ADFC Aachen/Düren e.V.

Download des offenen Briefs hier:
Stellungnahme-zum-geplanten-Verkehrsversuch-240214

2 Gedanken zu „Offener Brief zum Verkehrsversuch

  1. Seit Dienstag 20.Feb. ist die Veldener Straße wieder für den KFZ Verkehr freigegeben.

    POSITIV:
    schöne breite Radstreifen, jedoch keine Fahrradsymbole die den Streifen markieren

    NEGATIV:
    Anders als abgesprochen, wurde die 2. Linksabbiegerpfeil an der Fritz-Erler-Straße nicht demarkiert. Dadurch biegen die Autofahrer zweispurig ab, was Radfahrende wieder gefährdet.

    FRAGE:
    Warum wird die zukünftige Bike Lane nicht schon komplett von Birkesdorf aus gelb markiert?

  2. Betreff: Re: EILT: Stellungnahme zum geplanten Verkehrsversuch Veldener Straße / August Klotz Straße
    Datum: Fri, 16 Feb 2024 20:02:02 +0100
    Von: Jens Veith – ADFC OG Düren
    Organisation: ADFC Ortsgruppe Düren
    An: spdfraktion-dueren@web.de, ratsfraktion@gruene-dueren.de, Fraktion@BF-dueren.de, BFDfraktion@web.de

    Sehr geehrte Koalition Zukunft Düren,

    vor 2 Tagen haben Sie unsere Stellungnahme erhalten,
    wir hätten eine kurzfristige Reaktion ihrerseits erwartet.

    Die Stellungnahme haben wir nun als offenen Brief auf der ProRad-Seite veröffentlicht.
    https://prorad-dn.de/offener-brief-zum-verkehrsversuch/

    Außerdem haben wir diese an die Dürener Lokalredaktion weitergeleitet.
    Eine weitere Verbreitung erfolgt aktuell in den sozialen Medien.

    Stand heute, wurden auf der aktuell noch nicht eröffneten Veldener Straße gelbe Markierungen der zukünftigen geschützten Radstreifen aufgebracht.
    Jedoch wurden diese noch nicht in Richtung August-Klotz-Str. verlängert.
    Auch der Abbiegepfeil auf der rechten Spur aus der Fritz-Erler-Straße wurde noch nicht wieder entfernt.
    So dass KFZ zweispurig in die Veldener Straße einbiegen würden.
    Anbei finden sie aktuelle Fotos von heute.

    Wir gehen schwer davon aus, dass das noch vor der Eröffnung gemacht wird.
    Wir freuen wir uns über eine Rückmeldung ihrerseits.

    i.A. mit fahrradfreundlichen Grüßen
    Jens Veith
    Sprecher der ADFC-Ortsgruppe Düren im ADFC-Aachen/Düren
    Mobil: +49 178 XXXX XXX
    ——————————————————

    ProRad Arbeitsgemeinschaft Düren
    eine Bürgerinitiative, 2015 gegründet
    für die ADFC Ortsgruppe Düren
    https://prorad-dn.de/
    mail@prorad-dn.de

    Veldener Straße 16.02.2024
    Kreuzung Fritz-Erler-Straße / Veldener Straße,  16.02.2024
    der 2. Linksabbiegepfeil ist noch nicht demarkiert !
    So würden KFZ 2 spurig auf die Veldener Straße abbiegen können.
    Dieser muss dringend entfernt werden, um Platz für den Radstreifen zu bekommen !

    Veldener Straße 16.02.2024
    Veldener Straße 16.02.2024
    Veldener Straße 16.02.2024

    Veldener Straße 16.02.2024

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.