Der Landesbetrieb Straßen.NRW sucht Möglichmacher. Leider haben wir diesen Grafik-Entwurf nicht als Foto aus dem Alltag. Aber aus dem Alltag habe ich von dieser neuen Redewendung erfahren! Vor wenigen Tagen stand morgens ein kleines orangenes Fahrzeug von Straßen.NRW mitten auf dem Radweg zwischen Niederau und Aldi bei der Kuhbrücke. Der Fahrer hat immerhin im Rückspiegel erkannt, dass von hinten ein Radfahrer ankommt. Gar ein großer Bursche. Und er manövriert sein Fahrzeug brav in den grünen Randbereich, so dass ich kaum bremsen muss. Ich halte neben der Fahrertüre an. Augenblicke vergehen… Fenster geht auf. Ich frage freundlich, was er da vorhat, und er antwortet, dass es Streckenkontrolle gibt. Jeden Monat. Ich sage, dass der Radweg eigentlich gar nicht immer wieder kontrolliert werden braucht. Der muss dringend saniert werden. Dass das eine Frage der Prioritäten sei. Er murmelte etwas, das auf Zustimmung deutet, aber die Loyalität seinem Arbeitgeber gegenüber lässt ihn das wohl nur murmelnd zum Ausdruck bringen. Als ich mich verabschieden wollte, fiel mir an der Fahrertüre unten diese eingangs abgebildete Werbung auf.
Genau! Wir suchen Möglichmacher! In Politik und Verwaltung. Auf allen Ebenen. Das ist aber gar nicht so einfach! ProRad hat bisher immer die gute Zusammenarbeit gesucht. Als die Zeichen immer deutlicher wurden, dass diese Herangehensweise nicht fruchtet – ja, wir sogar immer mehr frustriert gerieten -, haben wir vorsichtig das Ruder umgestellt. Wir „biedern“ uns seit Anfang 2020 nicht mehr bei der Stadt an, sondern geben eher Contra oder fordern deutlich ein. Ob das erfolgversprechend ist, wissen wir später erst. Am Ende könnte es sein, dass die Stadt uns ähnlich wahrnimmt wie die DUH (Deutsche Umwelthilfe). Aus einer E-Mail von der Verwaltung wissen wir, dass die DUH von der Stadt nicht ernst genommen und als Widersacher erfahren wird. Das wollen wir aber auch nicht. Wer Möglichmacher sucht, muss selber positiv denken und auftreten.
Zum Wort „Möglichmacher“ fällt mir die verstorbene Ostpolitikerin Regine Hildebrandt ein. Letztes Jahr bin ich auf „Erzählt mir doch nicht, dasset nich jeht!“ gestoßen. Frau Hildebrandt hatte absolut nichts mit Bedenkenträgern. Nichts! Stattdessen wollte sie sich in ihrer Funktion als Ministerin in Brandenburg mit Möglichmachern umgeben. Die über sie aufgezeichneten Erinnerungen legen davon Zeugnis ab. Ein Leser schreibt auf Amazon: „Mach’s gut, Kämpferherz!“. Also sie war Kämpferin – für eine gute Sache. So möchte ProRad auch wahrgenommen werden. Zwar mit Zeigefinger – aber auch mit einem ansteckenden Lächeln.
Konkret denken wir nun an unser Konzept für die Innenstadt und die Radialen. Am 9. September haben wir den Verantwortlichen und der Presse eine Mail zu unserer fertigen Dokumentation gesendet. Bis heute gibt es hier eine ohrenbetäubende Stille! „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten.“ Natürlich war Wahlkampf, aber die Presse hat es auch nicht aufgenommen. Wenigstens eine Politikerin hatte sich danach geäußert:
Ich bin wirklich beeindruckt über die umsichtigen und detaillierten Vorschläge.
Bedeutet die Stille, dass das Projekt nicht gewollt ist? Dass man nach einer Besprechung mit Tiefbauamtsvertretern nicht wahrhaben will, dass wir Bedenken ausräumen konnten? Wir rätseln.
Das Fahrzeug, das mitten auf dem Radweg stand, befand sich übrigens in einem Bereich, welcher Bestandteil einer Fotodokumentation zu Landesradwegen (PDF) war, welches wir als Anhang eines Briefes an Ministerpräsident Laschet vom 30. August 2017 mitgesendet hatten. Hintergrund war Laschets Eintreten für ein Entfesselungsgesetz. Möglichmachen! Es war der einzige Brief von der Landesregierung seit der Petition zur L249 Kreuzau-Niederau, auf den wir je eine Antwort erhalten hatten. Und zwar vom Minister, der uns nie auf Schreiben zur B56n geantwortet hat: Verkehrsminister Hendrik Wüst. Es würden mehr Mittel in Aussicht gestellt. Das Ergebnis sehen wir: Alles ist noch in unverändertem Zustand. Nicht mal angekündigt sind etwaige Sanierungsmaßnahmen in den Bereichen, die wir dokumentiert hatten.
Ansicht der obengenannten Fotodokumentation aus 2017