Ortbeton

ProRad plädiert für den Radweg an der L249 zwischen Kreuzau und Niederau seit der Petition für eine Sanierung mit Ortbeton. Damit ein mögliches Missverständnis gar nicht erst aufkommt: Ortbetonwege bestehen nicht aus verlegten Betonplatten, bei denen Plattenübergängen beim Fahren störend wirken würden, sondern aus vor Ort vergossenem Beton – das Befahren ist deshalb dauerhaft komfortabel. Im Nachfolgenden werden Vor- und Nachteile gegenüber Asphalt anhand einer Bewertung des niedersächsischen Verkehrsministeriums skizziert und Sie können zwei Videos von Verlegungsarbeiten von Betonradwegen in den Niederlanden ansehen. Außerdem werden einige Bilder aus den Niederlanden und aus Belgien gezeigt, und auch praktische Probleme und deren Lösungsmöglichkeiten (Belgien) dargelegt.

Warum Ortbeton

Ortbetonradwege sind in den Niederlanden schon seit rund 20 Jahren stark im Kommen. Dabei sind sie nicht neu. Unter anderem in Niedersachsen und in Belgien gibt es ältere, aber auch neue Ortbetonradwege. Wir vermuten, dass die Verlegetechnik inzwischen perfektioniert wurde, sich die Qualität dadurch verbessert hat und vor allen Dingen die Gefahr, dass im Laufe der Zeit Risse auftreten, reduziert werden konnte. Ein Beispiel eines modernen Ortbetonradweges im Kreis Lüchow-Dannenberg wird auf dem folgenden Bild gezeigt:
Und hier ein Foto aus den Niederlanden (westlich von Vaals):

Auf diesem Foto ist zu erkennen, dass der Radweg bei der Einmündung einen Schlenker nach rechts macht, damit Autofahrer, die von der (hinter der Hecke versteckten) Straße zuerst nach rechts abbiegen und dann mit einem einfachen Blick durch das Beifahrerfenster sehen, ob Radfahrer unterwegs sind.
Zudem entsteht mehr Raum für Autofahrer, die von rechts kommend auf die Hauptstraße einbiegen möchten. Die sonst häufige Blockierung des Radweges durch wartende Autos wird vermieden.

Vor- und Nachteile

Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Durch die Starre des Betons haben Baumwurzeln praktisch keine Auswirkung. Das Gleiche gilt, wenn der Untergrund nicht sehr stabil ist. Nachteile gegenüber Asphalt sind vor allem aufgrund der Dauerhaftigkeit von Ortbeton kaum auszumachen. Wir haben zwar leider keine unabhängigen Informationen zur Dauerhaftigkeit von Betonradwegen in den Niederlanden erhalten, dafür aber welche vom Verkehrsministerium in Niedersachsen – ein Bundesland, welches auch ziemlich viele Ortbetonradwege vorweist. Wir zitieren aus einer Antwort:

Der wesentliche Vorteil der Betonbauweise ist die längere Lebensdauer des Betons, die nach Erfahrungswerten um 20-30 % höher liegt als bei Asphalt. Beton ist besonders an Strecken mit Baumbestand sinnvoll da beim Beton die Wurzeln der Bäume deutlich weniger Schäden verursachen als bei der Asphaltbauweise. Außerdem kann bei bestimmten Bodenbeschaffenheiten die starre Struktur des Betons von Vorteil sein. Nachteilig ist der höhere Preis und der höhere Aufwand bei der Schadenbeseitigung.

(Hervorhebungen von uns) Das klingt ganz anders als eine Antwort von Straßen NRW, Regionalniederlassung Euskirchen aus 2018, ja sogar im Widerspruch dazu:

Erfahrungen mit Radwegen in Beton liegen vor. Diese sind negativ, sowohl aus fachlicher als auch aus wirtschaftlicher Sicht. […] Die Hebungen durch Wurzeln führen bei Betonplatten zu gravierenderen Schäden als bei Asphaltbeton.

Auch in Niedersachsen hat man die Erfahrung gemacht, dass Schäden bei Asphalt leichter zu beheben sind – mehr dazu weiter unten. In Niedersachsen gibt es entlang von Bundesstraßen knapp 2.600 km Radwege in Asphalt und knapp 300 km (11,5 %) in Betonbauweise. Im Landkreis Lüchow-Dannenberg sind 21 % von Radwegen an Bundesstraßen in (Ort)Beton ausgeführt.
Bei diesen Zahlen ist folgende Bemerkung aus Niedersachsen ziemlich aufschlussreich:

Außerdem sind nach Auskunft des Geschäftsbereiches landesweit bei den Bauunternehmen nur eine begrenzte Anzahl Gleitschalungsfertiger vorhanden, sodass bei Ausschreibungen nur begrenzt Angebote eingehen.

Gleitschalungsfertiger sind Maschinen, die Ortbeton verlegen können. Aus diesem Satz kann abgeleitet werden, dass in Niedersachsen wesentlich mehr Ortbetonradwege vorhanden sein könnten, wenn es mehr von diesen Maschinen geben würde.

Weitere Vorteile von Ortbeton:

  • Es muss wesentlich weniger tief „ausgekoffert“ werden, was vor allen Dingen im Hinblick auf bestehende Baumbestände von Interesse ist.
  • Die helle Farbe macht das Radfahren im Dunkeln ohne Straßenbeleuchtung sicherer und sorgt im Sommer für weniger Erwärmung, was wie bei Naturradwegen vor allem überquerenden Tieren entgegenkommt.

Videos

Wir haben im Internet zwei Videos gefunden, die einen guten Einblick in die Verlegung von Ortbeton erlauben. Beide betreffen niederländische Projekte. Das erste Video ist mit Interview, von uns um eine Untertitelung ergänzt und dauert knapp 4 Minuten:

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Hier war offensichtlich ein alter Asphaltradweg vorhanden. Das zweite Video ist ohne jegliche gesprochene oder textliche Information, zeigt aber eine offensichtlich modernere Vorgehensweise – allerdings bei einer größeren Breite (2 Minuten, Youtube):

Detailaspekte

Was im ersten Video nicht erwähnt wird ist Folgendes: Es ist zwar so, dass die Übergänge zwischen den Platten keinen Höhenunterschied aufweisen, und beim Radfahren gar nicht bemerkt werden, aber: Es gibt in der Praxis alle rund 40-50 m auch breitere Dehnungsfugen über die komplette Tiefe. Beispiel (westlich von Vaals):

Die Fuge ist hier mit einer gummiartigen Substanz gefüllt. Man spürt die Rille deshalb beim Fahren kaum. An dieser Stelle ist es theoretisch denkbar, dass sich eine Platte hebt. Falls das vorkommen sollte, gibt es Abhilfe. Ein Beispiel wird weiter unten beschrieben.
Vollständigkeitshalber wird hier ein Bild einer „halbtiefen“ Dehnungsfuge gemäß erstem Video gezeigt:

Man kann sich vorstellen, dass eine begrenzte Tiefe der Dehnungsfuge ausreichend dazu beiträgt, dass Temperaturdifferenzen zwischen Unterseite und Oberfläche keine Schäden verursachen. Höhenunterschiede der Oberfläche können gar nicht erst auftreten.

Dauerhaftigkeit

Wie oben erwähnt gibt es zum Thema Ortbeton kaum belastbare Informationen von Baulastträgern. Durch eigene Beobachtungen wissen wir aber, dass viele Asphaltradwege im Laufe der Zeit Risse und Unebenheiten aufweisen, die dem Fahrkomfort abträglich sind. Hier hat Ortbeton einen großen Vorteil. Auch wenn die Verlegekosten zunächst höher sind als bei Asphalt, sind die Intervalle für Großsanierungen (Neuverlegung) länger.

Wir zeigen nachfolgend zwei Bilder aus Belgien (Naturraum „de Lage Kempen“), welche die Behebung eines Höhenunterschiedes zwischen zwei Dehnungsfugen dokumentiert. Dabei muss angemerkt werden, dass es sich hier um einen alten Ortbetonradweg handelt.

Hier oben ist deutlich sichtbar, dass ein solcher Schaden leicht behoben werden kann, indem die Oberfläche auf der rechten Platte teilweise abgeschliffen wird. Im nachfolgenden Bild ist die Behebung einer anderen Unebenheit (Winkel) erkennbar. Hier wurde von beiden Platten etwas abgeschliffen.

TIPP: Es lohnt sich sehr, von Düren aus einen Ausflug zu den „Lage Kempen“ zu machen, wo man nicht nur Ortbetonradwege ausprobieren, sondern im unmittelbaren Umfeld auch entlang von Baumwipfeln radeln kann. Eine interessante Tour! Deshalb haben wir eine Beschreibung dazu erstellt.

Alle Bilder: (c) 2018-2019 ProRad